Rede von Hartmut Peters als Beitrag des GröschlerHauses auf der Demonstration gegen Rechtsextremismus (27.01.2024, Alter Markt Jever)

Liebe Anwesende,

im Jahr 1978 schlossen sich in Jever junge Männer zu einer aktiven Zelle der NPD zusammen. Das von Schülerinnen und Schülern  des Mariengymnasiums gegründete „Antifaschistische Bürgerkomitee Jever“ wies diese Neonazis in die Schranken. Mit einer großen Demonstration hier, auf dem Alten Markt.  Nazis warfen bei Mitgliedern die Fensterscheiben ein. Die Polizei ermittelte – nichts.

1978 auch entstand die Geschichtsarbeit, die erschreckend Deutliches über die NS-Vergangenheit dieses Orts herausfand. Mit veranlasst durch Friedrich Levy, den „letzten Juden von Jever.“

Hartmut Peters beim Beitrag des GröschlerHauses anlässlich der Kundgebung für Demokratie und gegen Rechtsextremismus.

1992 standen wir wieder hier. 2.500 Menschen. Schülerinnen und Schüler, Bürgerinnen und Bürger. Vereint im Kampf gegen die mörderischen Ausschreitungen gegen Geflüchtete in Hoyerswerda und Rostock. Manche warfen uns „Alarmismus“ vor.

Erst nach den Morden des NSU, dem Mord am Kassler Regierungspräsidenten Lübcke, dem antisemitischen Terror und dem gesellschaftlichen Aufschrei nahmen die staatlichen Organe zur Kenntnis: Der Rechtsradikalismus ist die größte Gefahr für unsere Demokratie.  

Jetzt stehen wir wieder hier – und überall in Deutschland, 100 Tausende.

Was sagt uns das alles?

  1. Ohne demokratische, engagierte Bürgerinnen und Bürger ist die freiheitliche Demokratie nicht möglich. Denn kein demokratischer Staat kann seine Grundvoraussetzung selbst schaffen. Die staatlichen Organe können  nur die Rahmenbedingungen verbessern. Dafür sorgen wir mit Kundgebungen wie diesen.
  2. Auch der Staat ist lernfähig. Die staatlichen Institutionen und viele Parteien haben inzwischen das Grundgesetz gelesen und entdeckt, dass unsere Verfassung eine „wehrhafte Demokratie“ fordert.
  3. Die Berliner Republik ist nicht die Weimarer Republik, die 1933 im Applaus der Mehrheit unterging. Weimar war eine „Republik ohne Republikaner“  – heute gehen Millionen auf die Straße für die Würde des Menschen.

Wir sehen:

Geschichte wiederholt sich nicht. Aber kritische Erinnerung kann unser Handeln in der Gegenwart orientieren.

Deshalb: Ein Potsdamer Hinterzimmer ist keine Wannsee-Konferenz. Die Nazis und Antidemokraten sind nicht an der Macht – und sie werden diese nicht bekommen. Das liegt an uns.

Den Völkermord an den europäischen Juden zum Maßstab der drohenden Gefahr zu machen – finde ich problematisch. Es verdeckt, was  die vereinigte Rechte schon dabei ist zu schaffen: einen autoritär-antidemokratischen Staat á la Orbáns Ungarn.

Die Rechtsextremisten wollen schleichend die Medien unter ihre Kontrolle bringen, den Rechtsstaat Zug um Zug zersetzen und möglichst bald durch einen völkisch-nationalen Staat ersetzen. Diese Rassisten wollen bestimmen, wer in Deutschland leben darf.  


Die Menschen, die angefeindet, angegriffen und mit Deportation bedroht werden, brauchen jetzt und immer unsere Solidarität. Sie brauchen unsere Schultern im Alltag und bei der Stimmabgabe in den Wahlen.  

Wir sind  die Bevölkerung – nicht „das Volk“, wie die Demokratieverächter rassistisch wie die Nazis schreien. Machen wir das Richtige. Engagieren wir uns nachhaltig. Haben wir einen langen Atem.                                                                                        H. Peters / 27. Jan. 2024

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