22. Juli 1835 Jever – 21. Dez. 1936 Jever
Eltern: David Wolf Josephs (1796 Jever – 1889), Sara Roseboom (1802 Leer – 1882 Jever)
Wohnort in Jever: Blaue Str. 1
„Da aber dieser alte Herr ganz besonders hohes Ansehen in allen Kreisen geniesst, seit über 30 Jahren ununterbrochen Mitglied des dortigen Stadtrates und seit fast 40 Jahren Vorsteher der Synagogengemeinde und ebensolange Mitglied des Jüdischen Landesgemeinderates ist, und sich heute noch im hohen Alter von über 80 Jahren für die Allgemeinheit sehr betätigt, so gestatte ich mir gehorsamst Ew. Exzellenz das Gesuch zu unterbreiten, hochgeneigtest in Erwägung zu ziehen, ob diesem Jubilare nicht auch das Ehrenkreuz II. Klasse verliehen werden könnte.“ (Landesrabbiner Dr. David Mannheimer an Staatsminister Friedrich Ruhstrat; Oldenburg, 4. Mai 1917; Landesarchiv Oldenburg)
Joseph David Josephs war die prägende Kraft der jüdischen Gemeinde während ihrer Blütezeit um die Jahrhundertwende. Als er nach einem biblisch langen Leben 1936 zu Grabe getragen wurde, endete eine Epoche.
Zusammen mit seinem Bruder Nathan führte er das Zucht- und Nutzviehgeschäft des Vaters David Wolf Josephs (1796 Jever – 1889 Jever) in der Blauen Straße weiter. Als dieser 1879 den Vorsitz der Jüdischen Gemeinde aufgab, wurde J. D. Josephs zum Vorsitzenden gewählt – und blieb es 44 Jahre lang bis 1923. Er war für den Bau der Synagoge von 1880 verantwortlich, überzeugte den Gemeinderat von der Notwendigkeit eines großzügigen Neubaus und sicherte die Finanzierung. Mit dem Oldenburger Architekten und Bauleiter Theodor Krantz prägte er die am maurischen Stil orientierte Bauweise, nachdem beide die neuen Synagogen von Braunschweig und Hannover inspiziert hatten.
J.D. Josephs gehörte 30 Jahre dem Stadtrat an und war zeitweise auch dessen stellvertretender Vorsitzender. 1917 erhielt er in Anerkennung seiner Verdienste vom Großherzog von Oldenburg das Ehrenkreuz verliehen. Er verfügte über ausgezeichnete Kontakte und galt allgemein als das „Gesicht“ der jüdischen Gemeinde von Jever. Die jüdische Gemeinde hielt regelmäßige Vortragsabende ab. Um 1910 gastierte hier Victor Klemperer mit einer Lesung aus dem seinerzeit sehr populären Roman „Der Pojaz“ von Karl Emil Franzos über Konflikte im Ostjudentum. Klemperer zeichnet in seinen Erinnerungen ein lebendiges Bild von Joseph David Josephs und einer seiner Töchter (Victor Klemperer: Curriculum Vitae 1881-1918.- Berlin: Aufbau, 1996; Bd. 1, S. 496f)
Am 22. Dezember 1919 wandte sich Josephs in einem Schreiben an den Ministerpräsidenten des Freistaats Oldenburg, Theodor Tantzen. Josephs wies auf die antisemitischen Ausfälle hin, die der Oberlehrer am Mariengymnasium Jever, Dr. Oskar Hempel, in öffentlicher Rede wenige Tage zuvor in Jever getan hatte („in der plumpsten Form des Radauantisemitismus“) , sowie auf den stadtbekannten antisemitischen Einfluss des Lehrers auf seine Schüler. „Ich darf daher die ergeben Bitte aussprechen, […] eine Untersuchung anstellen zu lassen und gegen die verhetzende öffentliche Tätigkeit des Oberlehrers Dr. Hempel behördlicherseits einzuschreiten.“ (Personalakte Oskar Hempel, Landesarchiv Oldenburg)
Der damalige Oldenburgische Landesrabbiner Dr. Leo Trepp (1913 – 2010) berichtet über die Beisetzung Ende 1936: „Josephs war in der Stadt überaus angesehen. […] Aber dennoch fand man bei seiner Beerdigung keinen einzelnen Christen.“ (Leo Trepp: Die Oldenburger Judenschaft.- Oldenburg 1973, S. 330) J. D. Josephs war seit 1867 verheiratet mit Sara Goldschmidt (1844 Rahden – 1922 Jever). Die Nationalsozialisten ermordeten sechs ihrer acht Kinder.