5. Mai 1901 Jever – 25. Oktober 1982 Jever
Eltern: Julius Levy (1866 Wittmund – 1919 Jever), Nanny Levy geb. Emanuel (1867 Nentershausen – 1942 Treblinka)
Wohnort in Jever: Schlosserstraße 25, ab 1980: Bismarckstraße
„Während der ersten Jahre meiner Rückkehr aus Übersee tänzelte absolut jede Person um mich herum. Ohne dass ich fragte oder es überhaupt wissen wollte, wollte niemand ein Nazi gewesen sein, so dass ich schließlich häufig bemerkte: ‚Dann war ich eben der einzige Nazi, denn einer zum Mindesten muss es ja gewesen sein.‘″ (Fritz Levy: Chronik eines Heimkehrers. – Jever, 1961)
Fritz Levy besuchte bis 1917 das Mariengymnasium, machte 1919 in Berlin seinen Schulabschluss und wollte Tiermedizin studieren. Nach dem tödlichen Unfall von Vater und Bruder musste der 18jährige jedoch die elterliche Viehhandlung in Jever übernehmen.
Die Nationalsozialisten brachten den Juden 1934 ins Zuchthaus und 1938 in das KZ Sachsenhausen. 1939 emigrierte er nach Shanghai. Ende 1950 kam er zurück nach Jever, erstritt sein zwangsverkauftes Haus zurück und handelte zeitweilig wieder mit Vieh. Der Nachkriegs-Antisemitismus zermürbte ihn und er litt unter Depressionen.
Als Ausweg prangerte Levy mit Texten und Flugblättern Ungerechtigkeiten und das Verschweigen der NS-Zeit an. Lange wurde er als „Clown“ abgetan, bedroht, auch tätlich angegriffen und von der Lokalpresse an den Pranger gestellt.
Ab 1970 fand Levy bei der Jugend der Stadt Verständnis. Er stellte sein Haus als provisorisches Jugendzentrum zur Verfügung und wurde in den Rat des schließlich der Stadt abgetrotzten Zentrums gewählt. Er unterstützte die Schüler*innen des Mariengymnasiums, die ab 1978 in Ausstellungen die NS-Zeit Jevers aufarbeiteten.
Als er 1981 auch in den Stadtrat gewählt wurde, berichtete die internationale Presse über „den letzten Juden von Jever“. Seit 1973 thematisieren Romane, Songs, Radiosendungen, Filme und Kunstprojekte Fritz Levys Leben.
Weitere Informationen über Fritz Levy auf
Veröffentlichungen über Fritz Levy (in chronologischer Reihenfolge; unvollständig, Zeitungsartikel nur in der Ausnahme)
- Peter Faecke: Die Fred-Kowalski-Show.- Satirisches Rundfunk-Feature über Fritz Levy und Oswald Andrae. – WDR: Köln, 1973; 45 min.
- Hans Jakob Ginsburg: Kauz oder Mahner? Ein Jude im Stadtrat weckt unbequeme Erinnerungen. – In: Die Zeit, Nr. 42, 9.10.1981, S. 13
- John Vinocur: A matter of sensibilities in a small German town. – In: The New York Times: New York, 10.11.1981 (Artikel wurde in einer Reihe von amerikanischen Zeitungen und in „Israel Nachrichten“, Israel, nachgedruckt)
- Jürgen Petschull: Der zornige Jude von Jever. – In: Stern, Nr. 47, 12.11.1981, S. 77 – 82
- Gerhard Kromschröder: Der Tod des Juden von Jever. – In Stern, Nr.3, 13.1.1983, S.
- Hartmut Peters (Hg.): Verbannte Bürger. Die Juden aus Jever. Dokumente und Darstellungen zur Geschichte der Juden Jevers 1698 – 1984. – Jever: Altertums- und Heimatverein, 1984 (über Fritz Levy S. 119 – 121)
- Manfred Gebhardts: Bei Fritz Levy. – In: ders.: Geschichten im Sternbild der Leier. Hommage an die 60er & 70er Jahre. – Achilla Presse: Oldenburg und Bremen, 1991, S. 66 – 76
- Fritz lebt. Geheimtäter und Viehlosoph. Ein Film von Elke Baur. Tiger TV GmbH, 1994, 98 min. (Vorarbeiten von Peter Faecke)
- Oswald Andrae: Immer take it easy, Kamerad. – In: ders.: Heimat – Wat is dat? Von der Liebe zu einem Lande, das mancher verließ. – Oldenburg: Isensee, 1996, S. 56 – 67
- Peter Faecke: Ankunft eines Schüchternen im Himmel. Roman. – Edition Köln: Köln, 2000, 478 S. (Das Kowalski-Projekt 3)
- Peter Faecke: Hochzeitsvorbereitungen auf dem Lande II. Roman. – Edition Köln: Köln, 2003, 325 S. (Das Kowalski-Projekt; Famen und Esperanzen) (Überarbeitung von „Ankunft eines Schüchternen im Himmel“)
- André Sjuts: Fritz Levy – Werdegang eines jüdischen Geschäftsmannes in der jeverschen Kommunalpolitik. – Vechta 2007 (Bachelorarbeit)
- Enno Ehlers: Fritz Levy [und andere Texte zu Fritz Levy]. In: ders.: Erinnerungen und Reflektionen. – Heiber: Schortens, 2013, S. 29 – 46
- Hartmut Peters: Friedrich Levy (1901 – 1982) – ein Biographie.- Internetpublikation, 2015 https://www.groeschlerhaus.eu/quellen/inhaltsseiten/das-fritz-levy-kaleidoskop/friedrich-levy-1901-1982-eine-biographische-skizze/
- Anna Sophie Inden: Das Phänomen Fritz Levy. – In Ostfriesland Magazin 11/2015, S. 36 – 43
- Edda Dammmüller: Zeitzeichen. 115. Geburtstag von Fritz Levy. – Köln: WDR, 2016 (Rundfunkfeature, 10 min) https://www.groeschlerhaus.eu/quellen/inhaltsseiten/das-fritz-levy-kaleidoskop/zeitzeichen-ueber-fritz-levy-zu-dessen-115-geburtstag/
- Eckhard Harjes: Das Haus in der Schlosserstraße. Eine Erzählung über Fritz Levy.- Bremen: Fuego, 2018; 174 S.
- Eckhard Harjes: Fritz Typewriter oder Eine Reise mit Fritz Levy um die Welt und andere Geschichten von Heimatsuchenden.- Bremen: Fuego, 2021; 246 S.
- Tymon Bugla: Die Gerechten von Jever. – Virtual Epoch: Berlin, 2022; 117 S.
- Ariane Litmeyer, Jan Charzinski: Aber wo ist Fritz? Das Fritzine. Recherchiert, zusammengetragen, konzipiert, gestaltet & publiziert von Ariane Litmeyer und Jan Charzinski – Selbstverlag: Jever und Bremen, 2022; 81 S.
Elke Gryglewsi, Katrin Unger: Als Überlebende in der westdeutschen Nachkriegsgesellschaft / Antisemitismus in den 1950er Jahren. Marianne Stern und Fritz Levy. – In: dies.: Lebensläufe. Shaul Ladany – Weltrekordhalter, Überlebender des Holocaust und des Attentats von München 1972. – Göttingen: Wallstein, 2022, S. 10f. (Didaktische Handreichungen und Quellen zu Kontinuitätslinien des Antisemitismus; Stiftung niedersächsische Gedenkstätten)
Britta Lübbers: Der Wiedergänger. Fritz Levy und Jever – die Geschichte wird fortgeschrieben.- In: Kulturland Oldenburg Nr. 194, 4/2022, S. 2 – 4
Songs über Fritz Levy / vertonte Texte von Fritz Levy
„Du bist nicht tot“ (Text und Musik: Eckhard Harjes). – In: Neues Tun: Auf der Suche nach dem verlorenen Schatz. – CD, Eigenverlag, 1997 (1., unveröffentlichte Aufnahme des Songs 1982/83)
Lieder von Fritz. Eckhard Harjes singt Songs über Fritz Levy und Jever. Online-Album. – Bremen: Fuego, 2018 (Text und Musik E. Harjes, wenn nicht anders angegeben)
- Take it easy (Instrumental)
- Mein schönstes Lied (Text: Fritz Levy / Musik E. Harjes)
- Zigarre in der Hand
- Nanni oh Nanni
- Der schönste Wein (Text: Fritz Levy / Musik E. Harjes)
- In Shanghai
- Janitor means Hausmeister
- Fidi Päken der Milchfahrer
- Wenn keiner hier ein Nazi war (Text: Fritz Levy / Musik E. Harjes)
- Depression (innerer Monolog Fritz)
- Well Allright Well Allright
- Diogenes (Text: Fritz Levy / Musik E. Harjes)
„Der erhobene Zeigefinger“ (Text und Musik: Iko Andrae). In: Iko Andrae: Beim letzten Mal, als ich hier war. Online-Album. – Bremen: Fuego, 2017
Grenzgänger-Sessions. AndraeBahlmannHarjes. CD.- Bremen: Fuego, 2023; Hierin ff. Songs über Fritz Levy (Musik: Iko Andrae, Andreas Bahlmann, Eckhard Harjes, kollektiv)
- Im Zentrum der Provokation (Text: I. Andrae)
- Wenn keiner hier ein Nazi war (Text: Fritz Levy, 1963)
- Regina und Joseph (Text: I. Andrae)
- Almut Limburg (Text: I. Andrae)
- Versteck im Rübenkeller (Text: I. Andrae)
- Du bist nicht tot (Text: E. Harjes)
- Der erhobene Zeigefinger (Text: I. Andrae) – Wo ist Fritz? (Text: E. Harjes)