Übersichtsseite: Besuch der in der NS-Zeit vertriebenen Juden in Jever im Jahre 1984: Dokumentation
Nachdem die Besucher alle wieder in ihre zweite Heimat zurückgekehrt sind, habe ich das Bedürfnis ein paar Zeilen zu schreiben, nicht nur in meinem Namen sondern im Namen aller Teilnehmer.
Mich verbindet eine lange Tradition mit Jever. Eltern, Großeltern , Urgroßeltern und Ur-Urgroßeitern sind im Jeverland geboren, haben dort gelebt und geschafft und sind dort zur letzten Ruhe bestattet worden.
Jever war meine Heimat, dort verbrachte ich die ersten 30 Jahre meines Lebens, bis es nicht mehr ging und auch ich den dornigen Weg der Auswanderung anzutreten hatte.Während der letzten Woche in Jever ist viel gesagt worden und auch vieles verschwiegen worden, und ich will auch nicht die Vergangenheit weiter aufwühlen. Aber gerade während dieser Woche ist mir die Erinnerung an den ersten Weltkrieg in den Sinn gekommen, in dem so viele jüdische Männer ihr Leben hergegeben haben..Wenn dann die Benachrichtigungen kamen, hieß es „auf dem Felde der Ehre gefallen“ und weiter „der Dank des Vaterlandes ist Dir gewiss“. So dachten wir, es ist auch unser Vaterland. Es hat keine zwei Jahrzehnte gedauert, dass wir eines anderen belehrt worden sind.
Jetzt nach ungefähr 50 Jahren haben wir uns wieder in Jever getroffen, waren wieder einmal mit denen zusammen mit denen wir „die Schulbank gedrückt“ haben. Es war einfach wunderbar und übertraf alle Erwartungen. Es war wie ein schöner Traum, von dem man nicht erwachen möchte und es ist schwer in Worten unsere Gefühle auszudrücken. Voller Rührung gedenken wir aller Güte und Freundschaft, Freundlichkeit und Gastfreundschaft, die jedem Einzelnen von uns entgegengebracht wurde.
Der Projektgruppe, die weder Zeit noch Mühe gescheut hat, diesen Besuch in die Wege zu leiten, gehört unser besonders tiefgefühlter Dank. Diese jungen Menschen sind zu bewundern. Ebenfalls unseren herzlichen Dank der Stadt Jever und ihren representatives, der evangelischen Kirchengemeinde und Herrn Pastor Landig und allen denen, die helfend dazu beigetragen haben.
Diese Woche in Jever war ein Erlebnis, welches alle Teilnehmer nie vergessen werden und an das wir alle mit Dankbarkeit zurückdenken werden.
Lieselott Spitzer geb. Weinstein (früher: Jever, Bahnhofstraße), 3. Mai 1984
(wiedergegeben nach dem originalen Typoskript, Archiv H. Peters, veröffentlicht in JW 19. Mai und WZ 24. Mai 1984)