Im Jahr 2016 kamen über 1.000 Besucher in das GröschlerHaus Jever, das Zentrum für jüdische Geschichte und Zeitgeschichte der Region Friesland-Wilhelmshaven in der jeverschen Großen Wasserpfortstraße. Bei Veranstaltungen, die nicht im GröschlerHaus selbst stattfanden, wurden ca. 500 Personen gezählt. Die Steigerung um gut das Doppelte zum Vorjahr im GröschlerHaus führt Hartmut Peters vom gleichnamigen Arbeitskreis auf das zunehmende Interesse der Schulen der Region, spezielle Veranstaltungen und den sogenannten Bildungstourismus zurück:
„Immer mehr Lehrer wollen Geschichte auch konkret vermitteln, z.B. an einem außerschulischen Lernort. Und das bieten wir am Standort der 1938 zerstörten Synagoge, wo glücklicherweise die Keller-Mikwe erhalten blieb. Der jüdischen Friedhof, den wir außerdem anbieten, ist eine Zeitreise in eine Epoche, die erstaunlich gut bei jungen Menschen ankommt, die sonst eher wenig an Grabsteine denken. Dann kommen verstärkt die Touristen, die bei ihrem Tag Jever nicht nur Schloss und Brauhaus interessiert, sondern auch die Zeitgeschichte der Region, in der sie ihren Urlaub verbringen.“
Auf einen besonderen Zulauf stieß die im Juni eröffnete und vom Arbeitskreis erarbeitete Fotoausstellung über die Synagogen in Nordwestdeutschland „Nur Bilder blieben.“ Es war der erste Überblick über die vom nationalsozialistischen Deutschland und ihren lokalen Handlangern beim Novemberpogrom von 1938 verübten Zerstörungen von Synagogen in Nordwestdeutschland.
Bis auf den letzten Platz besucht war die Veranstaltung mit dem Sinto Christel Schwarz aus Oldenburg, der im März 2016 über die Deportation seiner Großeltern, seiner Mutter und weiterer Familienangehöriger von Zetel nach Auschwitz im Jahre 1943 berichtete. Im Anschluss fand eine längere Diskussion darüber statt, dass der Gemeinderat von Zetel die Einrichtung einer Gedenktafel für die fast alle in Auschwitz ermordeten Zeteler Sinti ablehnt.
Als weitere wichtige Stationen des Jahres sind zu nennen: die öffentliche Bekanntgabe der Entdeckung des Verstecks der Jüdin Erna Hirche auf dem Dachboden des ehemaligen Kinos im „Concerthaus“ am Alten Markt, die Aufführung des Films „Die Sonne geht nicht wieder auf“ unter Anwesenheit des Filmemachers Farschid Ali Zahedi zusammen mit den „Kinofreunden Jever e.V.“ und der von vielen als Sensation empfundene Fund einer Architekturaufnahme der jeverschen Synagoge, von der bisher nur sehr schlechtes Fotomaterial vorlag.
Hartmut Peters legte auf Anfrage der Stadt Schortens dieser 2016 eine schriftliche Expertise über die nationalsozialistische Belastung zweier Offiziere der Wehrmacht vor, nach denen in Upjever seit der NS-Zeit zwei Straßen heißen. Der Text führte, als er von Ratsmitgliedern veröffentlicht wurde, zu erregten Diskussionen vor allem unter den Anwohnern der Straßen, zu einer öffentlichen Veranstaltung im Bürgerhaus, auf der der Potsdamer Militärhistoriker Dr. Vogel neben Peters weiteres belastendes Material vortrug, und schließlich zur Umbenennung der beiden Straßen. Der Vorschlag von Peters, die Straßen nach Stanislaw Maczek und Josef Rosensaft zu benennen, fand allerdings keine Berücksichtigung.
Außer mit den „Kinofreunden Jever e.V.“ und der Stadt Schortens arbeitete der Arbeitskreis GröschlerHaus, der eine Arbeitsgruppe innerhalb des Jeverländischen Altertums- und Heimatvereins e.V. darstellt, vor allem mit Dr. Antje Sander und Holger Frerichs vom Schlossmuseum Jever zusammen, außerdem mit der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit e.V. Oldenburg und den Schulen der Stadt.
Ansteigendes Interesse erfährt auch die Website des GröschlerHauses www.groeschlerhaus.eu, die sich zu einem Internetmagazin mit gegenwärtig 130 Artikeln über Friesland und Wilhelmshaven von u.a. Holger Frerichs, Werner Menke und Hartmut Peters entwickelt hat. Integriert ist die Rubrik www.erinnerungsorte-friesland.de, die bisher 25 geographische Punkte der Region mit einem besonderen Bezug zur NS-Ära darstellt. Der hier zuletzt eingestellte Beitrag ist ein Forschungsbericht von Holger Frerichs über den Mord an einem polnischen Zwangsarbeiter 1944 auf einem Gehöft bei Jever. Im Jahre 2016 kam die Website auf 38.000 Klicks, während es im Jahr davor 16.000 waren. Der virtuelle Zwilling des GröschlerHauses wird von Lehrern in den Geschichtsunterricht einbezogen, hat inzwischen regelmäßige Nutzer auch im Ausland und bekommt immer wieder Anfragen, die von den Mitarbeitern der Seite beantwortet werden.
Für das Jahr 2017 erhofft sich der Arbeitskreis den Umbau der Räumlichkeiten, die Erweiterung der analogen und digitalen Angebote, die weitere Vernetzung mit vergleichbaren Initiativen sowie einen guten Start in die geplante Publikationsreihe „Schriften zur Geschichte des Nationalsozialismus und der Juden im Landkreis Friesland“.