„Aus dieser schweren Zeit“ – Fotoausstellung. Die jeversche Jüdin Änne Gröschler und ihre Rettung 1944 aus dem KZ Bergen-Belsen mit der Eisenbahn nach Palästina

Die Ausstellung ist bis einschließlich 28. Februar 2017 während der Öffnungszeiten zu besichtigen:

  • Dienstag, Freitag 10 – 12 h
  • Donnerstag 15 – 17 h
Änne Gröschler (1888 Osnabrück – 1982 Groningen) heiratete 1914 den Kaufmann, Stadtrat und Vorsteher der jüdischen Gemeinde Jevers, Hermann Gröschler (1880 Jever -1944 KZ Bergen-Belsen). 1939 emigrierte das Ehepaar nach Groningen. Die Flucht vor den 1940 einrückenden Nationalsozialisten und das Untertauchen in einem Versteck scheiterten: 1942 kamen Änne und Hermann Gröschler in das Lager Westerbork und entgingen nur knapp den Deportationen nach Auschwitz. Änne Gröschler glückte 1944 im „Transport 222“ die Rettung aus dem KZ Bergen-Belsen, wo ihr Ehemann umgekommen war, nach Palästina. Unmittelbar danach schrieb sie ihren Bericht über die Jahre der Verfolgung seit der Machtübergabe an die NSDAP 1933 bis zur Rettung 1944 nieder.
Mit der Unterstützung der Kinder und Enkelkinder dieser Holocaust-Überlebenden und aus anderen Quellen kamen zahlreiche Fotodokumente über diesen Lebensweg in das Archiv von H. Peters. Der Arbeitskreis GröschlerHaus zeigt eine Auswahl davon. Er möchte damit auch auf die Publikation “Änne Gröschler: Aus dieser schweren Zeit / About these Hard Times. Ausgabe in Deutsch und Englisch,- Verlag Hermann Lüers: Jever, 2017, 227 S., 60 Abbildungen; ISBN 978-3-9815257-8-6” aufmerksam machen. Der Bericht von Änne Gröschler aus dem Jahre 1944 wird von Hartmut Peters eingeleitet und kommentiert. Die für die internationale Holocaust-Forschung wichtige Übersetzung in das Englische stammt von Linda Robbins-Klitsch.
228 S., 60 Abb., ISBN 978-3-9815257-8-6

Ausstellungskatalog

01: 1939 emigrierten Änne und Hermann Gröschler nach Groningen. Die Flucht vor den 1940 einrückenden Nationalsozialisten und das Untertauchen in einem Versteck scheiterten: 1942 kamen sie in das Lager Westerbork, entgingen aber den Deportationen nach Auschwitz. Änne Gröschler glückte 1944 im „Transport 222“ die Rettung aus dem KZ Bergen-Belsen, wo ihr Ehemann umgekommen war, nach Palästina.

02: Friederike (1835 – 1935) und Bernhard Steinfeld (1858 – 1931), die Eltern von Änne Gröschler, ca. 1910 in Osnabrück

03: Änne mit ihrer älteren Schwester Käthe (1886 – 1911) und ihrem Bruder Felix (1885 – 1917), ca. 1898 in Osnabrück

04: Änne, ca. 1914

05: Änne mit ihren Töchtern Käthe (1915 – 2002) und Trude (1917 – 2000) 1917 in Jever

06: Hermann und Änne Gröschler bei einem Aufenthalt im Harz, ca. 1925

07: Änne und Hermann Gröschler, ca. 1930

08: Hermann Gröschler, ca. 1934

09: Anzeigen aus dem „Jev. Wochenblatt“ von jüdischen Geschäftsleuten (1931)

10: Der Schwiegervater Simon Gröschler (1851-1938), der Gründer der Firma „S. Gröschler“, mit Joseph David Josephs und Ludwig Mendelsohn, zwei weiteren wichtigen Mitgliedern der jüdischen Gemeinde (v.r.) im „Bahnhofshotel“ um 1915. Es schenkt ein: Wirt Harm Harms.

11,1 & 11,2: Die Produkte der Märkte waren bis zum Ersten Weltkrieg 1914 die Grundlage eines zeitweiligen Wohlstandes der Stadt, den Juden mit aufbauten.

12: Briefkopf der Rohstoffverarbeitungsfirma „S. Gröschler“, 1926

13: v.l.: Lager- und Produktionshaus von „S. Gröscher“, Kontor, Wohnhaus der Familie Julius und Hedwig Gröschler, Prinzengraft bzw. Albanistraße, ca. 1930.

14: v.l.: Wohnhaus Julius und Hedwig Gröschler, Gaststätte „Traube“, Albanistr., ca. 1930

15: v. l.: Wohnhaus Julius und Hedwig Gröschler, die „Traube“ und die Städtische Sparkasse. Hier wohnten im ersten Stock Hermann und Änne Gröschler bis zur Kündigung 1933. Rechts daneben das Wohn- und Geschäftshaus von Julius Schwabe. Über der kath. Kirche am linken Bildrand ist die Synagoge zu erkennen.

16: Städtische Sparkasse Jever. Im ersten Stock wohnten Hermann und Änne Gröschler bis zur Kündigung 1933 durch die Sparkassenleitung aus rassistischen Gründen.

17: Danach wohnte das Ehepaar bis zur Emigration 1939 in der Blauen Straße 1. Das Haus gehörte Joseph David Josephs (1835 – 1936), dem Vorgänger Gröschlers als Vorsteher der Jüdischen Gemeinde.

18: Das Esszimmer in der Albanistraße unterschied sich nur in Details von vergleichbaren nichtjüdischer Familien. Auf der Anrichte befinden sich zwei silberne Kerzenhalter für den Lichtersegen am Sabbat und ganz rechts eine Bessamimbüchse.

19: Beim jeverschen Schützenfest 1930: Änne (3. r.v.l.) mit (v.l.) Julius Schwabe (1883 Jever – 1941 Hamburg, Freitod vor Deportation), Lisbeth Josephs (1887 Jever – 1944 Auschwitz) und Sabine Landsberg (1895 Frankfurt/Oder – 1950 Israel)

20: Änne mit ihrem jüngeren Bruder Fritz Steinfeld (1900 – 1950) im Jahre 1930

21: Treffen der Brunnengemeinschaft Albani-Pütt Anfang Januar 1933 „Schwarzer Bär“ am Kirchplatz. Hermann Gröschler (stehend, 2. v. l.) erhielt kurze Zeit später die Kündigung der Wohnung im städtischen Sparkassengebäude durch den Sparkassendirektor Rudolf Borgerding (stehend, 3. v.l.). Mit Zigarre Julius Schwabe.

22: Am 31. März 1933 rief die Ortsgruppe der NSDAP zum Boykott der jüdischen Geschäfte auf, der wie im gesamten Reich in Jever am 1. April 1933 erfolgte.

23: Beim Wahlkampf zum Oldenburger Landtag trat am 12. Mai 1931 Hitler vor über 2.000 Menschen in der Reithalle auf (NSDAP-Zeitschrift „Illustrierter Beobachter“, Nr. 22/1931)

24: Das Schloss, das Wahrzeichen der Stadt, ca. 1935

25: Aufmarsch von Hitler-Jungen in Jever ca. 1936. Angehörige der HJ waren bei den Plünderungen in den Wohnungen von Juden am 10. Nov. 1938 beteiligt.

26: Änne, Hermann und Tochter Käthe Gröschler vor der Albanistraße 1, ca. 1936

27: Änne auf der Seereise nach Palästina, wo sie 1937 zusammen mit Hermann den 1935 persönlich nach Palästina gebrachten Sohn Walter besuchten.

28: Hedwig Gröschler geb. Steinfeld (1894 – 1944 Auschwitz) war eine Cousine von Änne, ihr Ehemann Julius (1884 – 1944 Auschwitz) der Bruder von Hermann. Die Söhne Hans und Fritz entkamen 1938 mit einem Kindertransport nach England; ca. 1935, Albanistraße

29: Die ausgebrannte Ruine der Synagoge am 10. Nov. 1938, davor SA und Schulkinder

30,1: Eintrag des Wärters im Einlieferungsbuch des jeverschen Gefängnisses: „Fahrtkostenabrechnung über am 10. Nov. d. J. zwischen 5 und 6 Uhr morgens eingelieferte Juden (Männer), die am 11. Nov. d. J. vormittags 9 Uhr abtransportiert und für den Transporttag von mir verpflegt sind …“.

30,2: Auflistung der von Dez. 1938 bis Juni 1939 aus Jever ausgewanderten Juden

31: Das neue Visitationszimmer der Praxis von Dr. med. Alfred Löwenberg in Groningen 1939; sitzend v.l. Änne und Hermann, Dini Löwenberg und eine unbek. Person; stehend Käthe und Alfred Löwenberg

32: Das Ehepaar Booisma, das Änne und Hermann Gröschler in ihrem Haus am Groninger Bloemsingel versteckten, bis sie entdeckt und in das Lager Westerbork verschleppt wurden

33: Mehrere dieser an den Waggons befestigten Schilder haben sich erhalten

34: SS-Angehörige überwachen eine Deportation auf der Rampe von Camp Westerbork, 3. v. l. Lagerkommandant Albert Konrad Gemmerker (1907 – 1982)

35: Karte des KZ Bergen-Belsen. Die Gröschlers waren im sog. Sternlager.

36: Alliiertes Luftbild vom KZ Bergen-Belsen vom 17. Sept. 1944. Das Karree im Sternlager bilden zum Appell angetretene Häftlinge.

37: Ein Palästina-Zertifikat, das über das Rote Kreuz 1943 in Westerbork ausgehändigt wurde. Brandina Polak kam wie Änne Gröschler mit dem „Transport 222“ nach Palästina.

38: Die Türkei bedeutete die Freiheit. Der Bosporus mit dem Bahnhof Haydarpascha im Hintergrund, von dem aus die zweite Etappe der Fahrt nach Palästina begann; 2004

39: Ein jüdischer Polizist betrachtet am 10. Juli 1944 einen Judenstern beim Gepäck der in Haifa abgekommenen ehemaligen KZ-Häftlinge

40: Änne Gröschler und ihr Sohn Walter nach der Ankunft in Jerusalem, 1944/45

41: Änne Gröschler in Groningen Ende der 1940er Jahre

42: Änne mit Alfred Löwenberg, den Enkeln Bob und Hans und Dini Löwenberg Ende der 1950er Jahre anlässlich eines Ausflugs mit dem VW-Cabriolet

43: Dini Löwenberg, Käthe Löwenberg-Gröschler, Änne Gröschler und Trude Haas-Gröschler (v.l.) auf der Groninger Herestraat, ca. 1960
Abbildungsnachweis: 01: A. Reiberg, Tettens / 11,1: Schloss-Archiv Jever / 25: Sammlung P. Gabriels / 29: Sammlung K. Andersen / 30,1: Nds. Landesarchiv Oldenburg, Best. 145-4 acc. 2/90 Nr. 2 / 33 & 34: Herinneringscentrum Kamp Westerbork / 35: Wenck „Bergen-Belsen“ S. 235 / 37: Collection D. Rozen-Polak / 38: Maga „Istanbul“ S. 109 / weitere: Archiv H. Peters, darin Collection B. Löwenberg

Hartmut Peters, Januar 2017