Öffnungszeiten: Do 15-18 Uhr, Fr & Sa 11-14 Uhr
Eintritt frei, um Spenden für das GröschlerHaus wird gebeten
Veranstalter: GröschlerHaus Jever zusammen mit der Bibliothek des Mariengymnasiums
Vor 80 Jahren, im September 1935, verabschiedeten die Nationalsozialisten anlässlich des Reichsparteitags der NSDAP die sog. Nürnberger Rassegesetze. Jedoch bereits ein Jahr davor wurde ein Bürger Jevers, der Jude Friedrich (Fritz) Levy, wegen angeblicher „Rassenschande“ verhaftet. Fritz Levy wurde am 5. Mai 1901 in Jever als Sohn des jüdischen Viehhändlers und Schlachters Julius Levy und dessen Ehefrau Nanny geb. Emanuel geboren. Er besuchte das Mariengymnasium und war später als Viehhändler erfolgreich. 1939 floh Levy nach einer sechsmonatigen Zwangsverschleppung in das KZ Sachsenhausen vor den Nationalsozialisten nach Shanghai, ging 1948 nach San Francisco und kam Ende 1950 traumatisiert nach Jever zurück. Als der unbequeme Mann 1980 in den Stadtrat gewählt wurde und sich eine Reihe von Einwohnern dem „letzten Juden von Jever“ gegenüber als „hässliche Deutsche“ aufführten, geriet Jever in den Brennpunkt der internationalen Presse. Levy setzte am 25. Okt.1982 seinem Leben selbst das Ende.
Wohl kaum ein anderer Einwohner Jevers hat einen solchen Nachruhm entfaltet. Levy ist Gegenstand eines Romans, von Kurzgeschichten, eines preisgekrönten Dokumentarfilms, Rundfunk- und Fernsehsendungen, ungezählten Zeitungsartikeln und kontroversen Gespräche. Fast jeder hat ein anderes Bild von ihm, je nach leitendem Interesse.
Ein Kaleidoskop ist ein Rohr, das durch Drehen immer wieder neue Mosaikbilder generiert. Das „Fritz-Levy-Kaleidoskop“ zeigt den Kauz, den aggressiven Störenfried, die heilsame Zumutung, den originellen Denker, das lebende Mahnmal gegen die Naziverbrechen, das Opfer einer antisemitischen und spießigen Kleinstadt, den lesenswerten Schriftsteller, den bemitleidenswerten Menschen – und wie Levy selbst sein Bild mit geschaffen hat.
Der Soziologe Hartmut Peters arbeitet seit einiger Zeit mit Unterstützung der Nichte an einer Biographie und an einer Edition ausgewählter Schriften Levys. Er hat zu diesem Zweck alle verfügbaren Dokumente aus Archiven, dem Nachlass und den vielen Levy-Privat-Archiven zusammengetragen und gibt in der Veranstaltung einen ersten Einblick in die Forschungsergebnisse. Im Mittelpunkt seines Vortrags stehen die NS-Zeit, der „Rasseschande“-Prozess, die legendären Fluchten aus den Gestapo-Gefängnissen, das Exil und die ersten Jahre nach der Rückkehr. Über erhalten gebliebene Tonaufzeichnungen wird anschließend zu hören sein, wie Levy seine Remigranten-Zeit selbst empfunden hat.
Die Musiker Iko Andrae und Eckhard Harjes (früher u.a. „Neues Tun“) lernten Levy in den 70er Jahren kennen, als er den für die Einrichtung eines städtischen Jugendzentrums kämpfenden jungen Leuten zunächst sein Haus als provisorisches Zentrum zur Verfügung stellte und dann in den Beirat des JZ gewählt wurde. Gleichzeitig engagierten sich Andrae und Harjes im Projekt am Mariengymnasium zur Erforschung der NS-Zeit der Stadt und führten mit Levy Interviews. Als Levy 1982 starb, entstand spontan der erste Song über ihren Freund: „Du bist nicht tot“. Am Abend werden weitere, extra für die Veranstaltung kreierte Songs über Levys Leben zur Uraufführung kommen, die die beiden Zeitzeugen kommentieren. Eckhard Harjes wird einen Abschnitt über Levy aus seinem noch unveröffentlichten Buch „Bier Town Blues“ vorlesen.
In einem abschließenden moderierten Gespräch ist Raum für weitere Zeitzeugen und das nach wie vor kontroverse „Phänomen Levy“.