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Jevers Kriegsschicksal entschied sich am 4. Mai 1945 in einem Zelt in der Lüneburger Heide. Hier akzeptierte der britische Feldmarschall Bernhard Montgomery die Teilkapitulation des Deutschen Reichs auf der Nordwestfront. Deshalb kam es zu keinen Endkämpfen um die „Festung Wilhelmshaven“, zu der auch Jever gehörte. Die britisch-kanadischen Verbände, darunter auch Einheiten der polnischen Exilarmee, waren bis auf 15 km herangerückt. Die Spitzen standen hinter Horsten und kurz vor Wittmund.
Am Tage davor, dem 3. Mai, hatten ca. 2.000 Menschen unter Tumulten auf dem Alten Markt die Herausnahme Jevers aus dem Verteidigungsring um die Marinestadt Wilhelmshaven gefordert.
Zum 70. Jahrestag hält am Montag, dem 4. Mai 2015, 19:30 h, der Historiker Hartmut Peters einen Vortrag mit Lichtbildern „Das Kriegsende in Jever 1945 und der Volksauflauf auf dem Alten Markt“. Ort ist der Graf-Anton-Günther-Saal beim Rathaus Jever, Am Kirchplatz 11. Als Veranstalter zeichnet das Zentrum für Regionale Zeitgeschichte „Gröschlerhaus“. Der Bürgermeister der Stadt Jever wird ein Grußwort sprechen.
Neben der Sichtung der schriftlichen Archivquellen hat Peters bereits seit den 1980er Jahren in einer Art Feldstudie zahlreiche Teilnehmer und auch Hauptakteure speziell über das Kriegsende und den im Reich fast einzigartigen Massenprotest gegen den Endkampf befragt. Die Ergebnisse sind bisher nur in Auszügen publiziert. So interviewte Peters u.a. Pastor Christel Matthias Schröder, der als angeblicher Drahtzieher des Auflaufs verhaftet wurde, den ehemaligen Oberleutnant Helmut Popken, der die Wachkompanie in Jever befehligte, Walter Hansen, der für den jeverschen Volkssturm zuständig war, und den ehemaligen NSDAP-Kreisleiter Hans Flügel, der die aufgebrachten Bürger zu beschwichtigen suchte und dem Addi Tammen im Tumult die Pistole entriss. Peters zeigt auf, dass Max Rühlmann, Edgar Hinrichs und Johann Lünemann, die kurz die weiße Fahne am Schlossturm hissten, wohl nur dank der Rückversicherung der Militärs für die Zeit nach der Kapitulation der Exekution entgingen.
Durch persönliche Kontakte zu Veteranen der 1. Polnischen Panzerdivision kamen weitere Dokumente und Fotos hinzu. Peters stellt die Abläufe von Ende April bis zur Übergabe von Wilhelmshaven und Jever an die polnischen Soldaten von Stanislaw Maczek am Morgen des 6. Mai 1945 chronologisch und fast minutiös dar. Soziologisch interessant ist, wie das bloße Gerücht „Man werde sich versammeln“, sich in vielfältige tatsächliche Handlungen umsetzte, und welche unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen aus welchen Motiven teilnahmen.
Peters kommt abschließend zu einer Wertung der Ereignisse unter historischen und moralischen Gesichtspunkten und will damit das jeversche Kriegsende aus dem Reich des Mythos und der Gerüchte in die Geschichte zurückholen. Er nimmt auch Stellung zur Aufnahme des Volksauflaufs in der Nachkriegszeit, die zu gleich drei und häufig belächelten, weil unterschiedlichen Erinnerungstafeln geführt hat. Eine Reihe von bisher meist unbekannten Fotos ergänzt den Vortrag.