Öffnungszeiten:
Dienstag und Freitag 10 – 12 h
Donnerstag 15 – 17 h
Ende der Ausstellung: Mittwoch, 9. November 2016 (Gedenktag an die Novemberpogrome von 1938); geöffnet 17 – 19 h
Drei in den letzten Monaten aufgefundene Fotos der Synagoge von Jever bilden den Anlass der Ausstellung von 54 Fotos von zehn Synagogen aus dem Bereich Weser-Ems, die Hartmut Peters vom Arbeitskreis GröschlerHaus zusammengestellt hat. Es ist die vermutlich erste Ausstellung zu diesem Thema in der Region. Die Recherche ergab, dass mit der Vertreibung der Juden offenbar auch die Fotos ihrer Gotteshäuser verschwanden und viele Gebäude nur durch Schnappschüsse ihrer Ruinen nach dem Novemberpogroms 1938 dokumentiert sind. Im Mittelpunkt mit 30 Abbildungen steht die jeversche Synagoge von 1880. Sie war architektonisch für die Region wegweisend, wie auch die Synagoge von Wilhelmshaven-Rüstringen von 1915 eine bisher zu wenig bekannte Besonderheit darstellte. Die 1986 rekonstruierte ehemalige Synagoge von Neustadtgödens von 1853 ist die einzige erhaltene städtische Synagoge des Weser-Ems-Gebiets. Dornum besitzt die einzige erhaltene Landsynagoge dieses geografischen Raums. Außerdem sind die Synagogen von Emden, Leer, Norderney, Oldenburg,Varel und Wittmund zu sehen.
Die jeversche Synagoge wurde 1880 erbaut, 1938 während des Novemberpogroms von örtlichen NS-Aktivsten zerstört und bald darauf abgerissen. Die Nationalsozialisten verschleppten am Tag nach der Niederbrennung die männlichen Juden Jevers in das KZ Sachsenhausen. 67 Menschen aus Jever jüdischer Abstammung wurden bis 1945 ermordet.
Die Synagoge ist während der 58 Jahre ihrer Existenz außen und innen fotografiert worden, doch die Jahrzehnte des Suchens bei Sammlern und in Archiven hatten nur zufällige Schnappschüsse mit dem Gebäude im Hintergrund ans Licht gebracht. Die Ursache für diesen Befund liegt in der Diskriminierung der Juden und im Holocaust, denn die Fotos der christlichen Kirchen sind ohne Zahl.
Es bedeutet eine kleine Sensation, dass nun endlich eine professionelle Architekturaufnahme, erstellt um 1900, aufgetaucht ist und die Lücke der jeverschen Sakralbauten füllt. Das Foto führt vor Augen, was Jever 1938 sich selbst buchstäblich herausgebrannt hat. Zufall, dass die Aufnahme im nachgelassenen Archiv eines jüdischen Fotografen aufgefunden wurde? Der Berliner Abraham Pisarek (1901 – 1983) kam vor allem durch sein Foto vom historischen Händedruck Grotewohls und Piecks beim Vereinigungsparteitag der SED 1946 und als Theaterfotograf Brechts zu Ruhm. Fast gleichzeitig fand der Fotosammler Peter Gabriels aus Jever in einem Fotoalbum zwei zufällige Abbildungen der Dachpartie der Synagoge.
Die an die deutsche Romanik angelehnte, wie eine christliche Kirche anmutende Neue Synagoge Hannovers diente 1880 nicht zum Vorbild, sondern die orientalisierende Braunschweiger. Jever ließ sich von diesem auch byzantinisch genannten Stil inspirieren, der um die Mitte des Jahrhunderts aufgekommen war. Die krönende maurische Kuppel, wie sie in weitaus prächtigerer Form z. B. die Berliner Neue Synagoge von 1866 zierte, und der wie ein Hahn oder Kreuz aufgesetzte Davidstern setzten das Signal eigenständigen Judentums auch in einer entlegenen Kleinstadt. Jevers Synagoge galt lange als die ansehnlichste weit und breit und zeugte vom Selbstbewusstsein ihrer Gemeinde, die mehr Mitglieder aufwies als die vierfach größere Residenzstadt Oldenburg.
Wer zum Zeitpunkt 1880 den Bestand an Synagogen auf der ostfriesischen Halbinsel sichtet, findet entweder ältere und schlichte Zweckbauten wie z.B. in Leer, Emden oder Dornum oder Gebäude im klassizistischen Rundbogenstil, wie sie z.B. in Varel, Neustadtgödens oder Oldenburg um die Jahrhundertmitte herum errichtet worden waren. Das architektonische Statement Jevers war für den genannten Bereich ein Novum.1885 erbaute dann die rund 300 Mitglieder umfassende Gemeinde der ostfriesischen 10.000-Einwohnerstadt Leer eine Synagoge, die der von Jever gesetzten modernen Entwicklung entsprach, aber die romanische Variante umsetzte. Das ebenfalls ostfriesische Emden, in dem 1885 bei rund 14.500 Einwohnern fast 700 Juden lebten, baute erst 1910 die in die Jahre gekommene Synagoge von 1836 repräsentativ, fast monumentalisierend um. In der Oldenburger Landeshauptstadt wurde 1905 die Synagoge von 1855, orientalisierend wie die jeversche, umgestaltet und erweitert. Wilhelmshaven orientierte sich 1915 hingegen an einem archaisierenden und zitierenden Stilmix, wie er kurz zuvor in der großstädtischen Synagoge von Essen Verwendung gefunden hatte.