„1000 Jahre Jever“ 1936: der Umzug des Schützenvereins (Fotogalerie)

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Vier Wochen nach der Festwoche zum 400. Jahrestag der Gewährung der Stadtrechte fand am 19. Juli 1936 ein aufwändiger Umzug durch Jever mit sog. lebenden historischen Bildern und der NS-Prominenz statt. Anlass war der 150. Jahrestag der Gründung des Schützenvereins. Die Veranstaltungen der Festwoche und die Festwoche der Schützen wurden im kollektiven Gedächtnis pauschal zur „1000-Jahr-Feier“ vereinigt. Hiermit nahm man gleichermaßen auf das „1000jährige Reich“ und die Festschrift von 1936 „Tausend Jahre Jever – 400 Jahre Stadt“ Bezug. Als eigentlicher Erinnerungsort der „1000-Jahr-Feier“ hat sich über die Jahrzehnte der von sehr vielen Einwohnern vorbereitete Umzug herauskristallisiert.  Er steht für einen euphorischen Moment der nationalsozialistischen „Volksgemeinschaft“ der Stadt, die zu diesem Zeitpunkt gerade ihre Juden vertrieb und auf den Krieg eingestimmt wurde. Bemerkenswert sind die Menschen, die vor der noch nicht zerstörten Synagoge stehen und im Gegensatz zu den Zuschauern vor der nationalsozialistischen „Deutschen Buchhandlung“, in deren Schaufenstern ein Hitler-Bild zu erkennen ist,  nicht die Hand zum „Deutschen Gruß“ heben.

Das „Jeversche Wochenblatt“ ordnete die historischen Bilder des Umzugs ideologisch dem Großen und Ganzen des NS-Staats zu: „Ohne Wehr keine Ehr! Nur ein wehrfähiges Volk hat Daseinsberechtigung und ein Recht, sich Volk zu nennen. Von der Bürgerwacht, die sich Frl. Maria schuf, um die Stadt gegen feindliche Angriffe zu sichern, lässt sich über den Schützenverein deutlich die Entwicklung bis auf unsere Tage verfolgen, wo unser ganzes Volk im Wehrgedanken erzogen wird, […] So steht das Leben unseres Schützenvereins auf einem sehr sicheren völkischen Grund. Daran wollen wir denken, wenn am Sonntagnachmittag der große historische Festzug an uns vorüberzieht, […] Mehr als die Sonne fürstlichen Wohlwollens bedeutet uns heute das Glück, in einem freien, starken in sich geeinten Volke, das seiner Sendung wieder bewusst geworden,  unter einem Führer, der sein bester und treuester Sohn ist, den Grund legen zu helfen für eine große und glückliche Zukunft.“ (18.7.1936)

Zugverlauf
Mühlenstraße (Aufstellung) – Alter Markt – Neue Straße – Wangerstraße – Kirchplatz – St. Annenstraße – Blaue Straße – Lindenallee – Sophienstraße – Gr. Burgstraße – Gr. Wasserpfortstraße – Bahnhofstraße – Schützenhof. Wiederholung: Donnerstag, 23. Juli 1936, in fast gleicher Abfolge.

Abteilungen (Schilder 1- 19, Nummerierung ab 20 von H.P.)

  1. Berittener Herold mit zwei ebenfalls berittenen Begleitern
  2. Drei Fanfarenbläser in historischen Trachten
  3. St. Annentor von 1554 mit der Windmühle von 1768 – auf dem Festwagen Angehörige „der alten jeverschen Bürgerwehr“, daneben „Mannen der Bürgerwehr zu Fuß“
  4. „Gruppe Armbrustschützen“, als Vorgänger der Schützen
  5. „Maria von Jever“, Remmer von Seediek und Boing van Oldersum sowie zwei Hofdamen; Wagen geschmückt mit Stadtwappen und in blauweißen jeverländischen Farben, vorweg vier Häuptlinge zu Pferde, danach mehrere Landsknechte
  6. „Die alten Germanen auf der Jagd“ mit Jagdgöttin Diana
  7. „Ausmarsch der Jeverschen Schützen im Jahr 1786“, kurz nach der Gründung der Schützenkompagnie mit noch uneinheitlicher Kleidung
  8. „Militär aus Anhalt-Zerbst“
  9. „Fürst Friedrich-August von Anhalt-Zerbst“ mit Gefolge, als Schützenkönig des Jahres 1790, geschmückt mit den Zeichen seines Amtes
  10. „Einzug der Kosaken in Jever im Jahre 1813“
  11. „Jeversches Militär in Frankreich im Jahre 1815“
  12. „Ausmarsch der jeverschen Schützen im Jahre 1834“ nach der Neugründung des Schützenvereins (halb in Zivil, halb in Uniform)
  13. „Fürst Bismarck und die Getreuen von Jever“: Bismarck, die Gründungsmitglieder des Clubs der Getreuen von 1871, Kiste für die Kiebitzeier
  14. „Deutsches Militär aller Waffengattungen 1870 in Frankreich“ zu Fuß und zu Pferde, vorweg ein Landgendarm
  15. „Schützen im Scheibenstand im Jahre 1886“, Festwagen mit Bierfass
  16. „Ausmarsch der Schützen im Jahre 1886“
  17. „Ehemalige Afrikaner und Ostasiaten aus Wilhelmshaven“ (Deutsche Kolonialtruppe), angeführt von einem Offizier zu Pferde
  18. „Die jeversche Feuerwehr in ihrer Uniform aus dem Jahre 1886“ (Messinghelme, hergestellt von Meister Egberts)
  19. „Festwagen der Schausteller“
  20. „Mädchen in ihrer neuen jeverländischen Volkstracht“
  21. Musikkorps der Flugplatzkompagnie Upjever
  22. Vertreter der Behörden, der Partei und der Wehrmacht, darunter u.a. Amthauptmann Ott, Flugplatzkommandeur Mettig, Obersturmführer Schulze-Diekhoff, NS-Ortsgruppenleiter Husmann, Bürgermeister Folkerts
  23. Schützenpräsident Moritz, Regierungsinspektor Franke (aus Brake, Vertreter des Schützenbundes, Bezirk Oldenburg)
  24. „Zahlreiche auswärtige Schützenvereine“; auf zwei Wagen die „Altschützen“
  25. Abschluss: SA, politische Leiter, „SS und Hitlerjugend zu Pferde“ des Jeverlands

Nach „Jeversches Wochenblatt“, 20.7.1936; Bildquellen: Sammlung P. Gabriels, Archiv H. Peters, Schlossarchiv Jever   / H. Peters, Mai 2016