Jever: Die „Judenhäuser“ 1939/40

Seit 1938/39 wurden die Juden durch Gesetze und Erlasse aus Mietverhältnissen bei Nichtjuden hinausgedrängt. Sie mussten bei Juden – so diese zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch Hausbesitz hatten, da sie gleichzeitig zum Verkauf gezwungen wurden – bzw. in von der Stadt bestimmten Häusern aus ehemaligem jüdischen Besitz unterkommen. „Arisch verheiratete“ Juden konnten zunächst in ihren Wohnungen bleiben. Dies führte zu einer Konzentration auf wenige Adressen, die in der Sprache der Nazis „Judenhäuser“ genannt wurden. Auch in Jever setzte der Prozess der Ghettoisierung ein, der aber nicht abgeschlossen wurde, da bereits Anfang 1940 alle Juden bis auf die in „Mischehe“ lebenden in die „Judenhäuser“ der Großstädte vertrieben wurden. Die Eigentümer mussten ihre Häuser im Eilverfahren verkaufen. Nicht verkaufte Häuser wurden von der Reichfinanzverwaltung eingezogen. [Vortrag: Die Vertreibung der Juden aus Jever in der NS-Zeit]

Mühlenstraße 4: Das dem Schlachter Bernhard Josephs gehörende Haus wurde im Mai 1940 an einen Kraftwagenunternehmer verkauft. (Foto von 2015)
Mühlenstraße 4: Das dem Schlachter Bernhard Josephs gehörende Haus wurde im Mai 1940 an einen Kraftwagenunternehmer verkauft. (Foto von 2015)

Mönchwarf 1 wurde 1910 von der Jüdischen Gemeinde als Erweiterung der Religionsschule im Anbau der Synagoge erworben. Unter den Bedingungen des Nationalsozialismus diente das Häuschen als Altersheim der Gemeinde. Im Mai 1939 wurde es an einen Bauunternehmer verkauft. (Foto von 2015)
Mönchwarf 1 wurde 1910 von der Jüdischen Gemeinde als Erweiterung der Religionsschule im Anbau der Synagoge erworben. Unter den Bedingungen des Nationalsozialismus diente das Häuschen als Altersheim der Gemeinde. Im Mai 1939 wurde es an einen Bauunternehmer verkauft. (Foto von 2015)

Mönchwarf 7: Das dem Schneidermeister Moses Schwabe gehörende Haus wurde im August 1942 enteignet und an einen Verwaltungsangestellten verkauft. (Foto von 2015)
Mönchwarf 7: Das dem Schneidermeister Moses Schwabe gehörende Haus wurde im August 1942 enteignet und an einen Verwaltungsangestellten verkauft. (Foto von 2015)

Kaakstr. 7: Das dem Schlachter Moritz Hoffmann gehörende Haus wurde im April 1944 enteignet und dem Reichsvermögen zugeschlagen.
Kaakstr. 7: Das dem Schlachter Moritz Hoffmann gehörende Haus wurde im April 1944 enteignet und dem Reichsvermögen zugeschlagen.

St. Annenstraße 9: Das Haus des Viehhändlers Hugo Weinstein wurde im Oktober 1939 an einen Tischlermeister verkauft. Es wurde 2012 im Rahmen der Errichtung des Altstadtquartiers abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. (Foto von 1982)
St. Annenstraße 9: Das Haus des Viehhändlers Hugo Weinstein wurde im Oktober 1939 an einen Tischlermeister verkauft. Es wurde 2012 im Rahmen der Errichtung des Altstadtquartiers abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. (Foto von 1982)

Albanistraße 2: Das dem Kaufmann und Fabrikanten Julius Gröschler gehörende Haus (links) wurde im Mai 1940 an einen Kaufmann verkauft. Auf den Grundstücken der beiden Häuser befindet sich seit ca. 1964 ein Neubau. (Foto von ca. 1930)
Albanistraße 2: Das dem Kaufmann und Fabrikanten Julius Gröschler gehörende Haus (links) wurde im Mai 1940 an einen Kaufmann verkauft. Auf den Grundstücken der beiden Häuser befindet sich seit ca. 1964 ein Neubau. (Foto von ca. 1930)

Auf der Basis einer Auflistung der Stadt Jever vom 16.9.1939 , die 36 von dieser Konzentration betroffene Personen umfasst, kann man sechs „Judenhäuser“ bestimmen, von denen heute noch vier erhalten sind.

  • Mühlenstr. 4: Bernhard Josephs, Caroline Josephs, Emma Josephs, Siegmund Oss, Adolf Weinberg, Resie Weinberg, Wolf Weinberg
  • Mönchwarf 1: Emma Cohn, Frieda Cohn, Netty Cohn, Rosalie Grünberg
  • Mönchwarf 7: Moses Schwabe, Caroline Schwabe, Sophie Schwabe, Rudolf Gutentag, Salli Katz, Helene Klüsener
  • Kaackstr. 7 (früher Osterstr. 7): Moritz Hoffmann, Johanne Hoffmann, Sara Hoffmann, Fritz Hoffmann, Hugo de Vries
  • St. Annenstr. 9 (2012 abgerissen): Anna Weinstein, Hugo Weinstein, Rosa Weinstein, Werner Josephs, Erna Josephs, Paula Josephs, Julius Schwabe, Henny Schwabe
  • Albanistr. 2 (ca. 1960 abgerissen): Julius Gröschler, Hedwig Gröschler, Esther Hartogsohn, Clara Schwabe

Weitere Adressen und Bewohner zum Zeitpunkt September 1939:

  • Schlosserstr. 25: Nanni Levy ; Blaue Str. 1: Erna Hirche („arisch“ verheiratet), Käthe Haas; Blumenstr. 2: Erich Levy („arisch“ verheiratet).

Bis auf Werner und Erna Josephs, denen 1941 die Emigration in die USA gelang, die „arisch“ verheirateten Erna Hirche und Erich Levy sowie Caroline Schwabe und Clara Schwabe, die vor der Deportation starben, wurden alle hier aufgeführten Menschen Opfer des Holocaust. [Vortrag: Die Ermordung der Juden aus Jever durch das NS-Terrorregime]

Anfahrt (stellvertretend für alle Adressen zu diesem Erinnerungsort):