Per Reichsbahn in die Freiheit & Gedenken an den Pogrom
Liebe Freundinnen und Freunde des GröschlerHauses,
wir möchten Sie auf zwei Veranstaltungen im GröschlerHaus Jever, Gr. Wasserpfortstraße 19, aufmerksam machen:
1.) Donnerstag, 31. Oktober 2024, 19 Uhr
Per Reichsbahn in die Freiheit. Änne Gröschler aus Jever und der NS-Menschenhandel
Powerpoint-Vortrag von Hartmut Peters
Änne Gröschler um 1930
(Sl. B. Löwenberg)
Recht wenig ist bisher über die Austausche jüdischer Menschen aus den NS-Todeslagern gegen nichtjüdische Deutsche in britischer Internierung oder gegen Devisen bekannt. Der Historiker Hartmut Peters gibt am 31. Oktober (Donnerstag) ab 19 Uhr im GröschlerHaus Jever im Powerpoint-Vortrag „Per Reichsbahn in die Freiheit. Änne Gröschler aus Jever und der NS-Menschenhandel“ einen Einblick in dieses verwirrende Randkapitel des Holocaust.
Wie kann es sein und kam es, dass NS-Deutschland buchstäblich alle jüdischen Menschen Europas und darüber hinaus ermorden wollte, gleichzeitig aber einige wenige vor ihrer Vernichtung in die Freiheit entließ? 6 Millionen wurden ermordet – insgesamt etwa 2.500 in der Folge eines Austausches nicht.
Im Mittelpunkt steht der „Transport 222“, mit dem 1944 die jeversche Jüdin Änne Gröschler (1888 – 1982) aus dem KZ Bergen-Belsen in das britische Mandatsgebiet Palästina entkommen konnte. Vor genau 80 Jahren, im Herbst 1944, schrieb sie sich Anraten von Ärzten ihre traumatischen Erfahrungen von der Seele.
Ihr Bericht ist die beste primäre Quelle zum „Transport 222“ und ein einzigartiges Dokument. Es schildert ein Panorama von Schrecken und Durchhaltewillen: die Verfolgung der Juden in einer deutschen Kleinstadt, die Flucht 1939 in die Niederlande, der Überfall Deutschlands 1940, der gescheiterte Versuch, mit dem Schiff nach England zu entkommen, das verratene Versteck in Groningen, die Haft im Lager Westerbork, die drohenden Deportationen nach Auschwitz und die Leiden im „Austauschcamp“ des KZ Bergen-Belsen, wo der Ehemann umkam.
Wie in einem Wunder bestieg Änne Gröschler dann mit den anderen „Austauschjuden“ auf dem Celler Bahnhof einen zur Täuschung der Weltöffentlichkeit luxuriös ausgestatteten Sonderzug zur mehrtägigen Fahrt in die Freiheit. Das Manuskript des Berichts wurde von der Familie Gröschler-Löwenberg dem GröschlerHaus zur Verfügung gestellt und seitdem in verschiedenen kommentierten Ausgaben in Deutschland und den USA veröffentlicht.
Während der „Transport 222“ jüdische Menschen gegen eine identische Anzahl von Auslandsdeutschen aus britischer Internierung tauschte, kamen die sog. „Kasztner-Juden“ gegen Devisen frei. Der Budapester jüdische Rechtsanwalt Rudolf Kasztner schaffte es Ende 1944 nach schwierigsten Verhandlungen mit der SS, 1.670 Juden aus dem KZ Bergen-Belsen in die rettende Schweiz freizukaufen. Kasztner galt manchen nach dem Krieg als Kollaborateur und wurde 1957 deshalb in Tel Aviv ermordet.
Die Veranstaltung steht im Rahmen der Reihe „Zehn Jahre GröschlerHaus“ des Arbeitkreises GröschlerHaus im Jeverländischen Altertums- und Heimatverein. Der Eintritt ist wie bei allen Veranstaltungen des GröschlerHauses frei.
2.) Samstag, 9. November 2024, 11 Uhr
Gedenken an den Pogrom gegen die Juden vom 9. November 1938 vor der Synagogen-Gedenktafel, Gr. Wasserpfortstraße 19
Es spricht der Stadtbrandmeister von Jever Dr. Dirk Hellberg. Veranstalter ist die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Oldenburg, Gruppe Jever.
Anschließend ist das GröschlerHaus mit der Dauerausstellung zur Geschichte der jeverschen Juden und virtuellen Synagogenrekonstruktion bis 14 Uhr geöffnet.
Mit freundlichen Grüßen,
Hartmut Peters
(Redaktion von groeschlerhaus.eu)